Zugang eines Beteiligungsersuchens per E-Mail – Beginn des Fristlaufes

In der Praxis wird immer wieder die Frage diskutiert, wann die Beteiligungsfrist bei Übermittlung des Zustimmungsersuchens per E-Mail beginnt. Hierzu finden sich jetzt in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 06.11.2024, Az. OVG 5 LP 213/24 entscheidende Ausführungen.

Ausschlaggebend: Zugriffsbereich des Personalrats

Das Oberverwaltungsgericht macht in seinem Beschluss (Az. OVG 5 LP 213/24) deutlich, dass es für den Zeitpunkt eines Zustimmungsantrages der Dienststelle darauf ankommt, dass es in den Zugriffsbereich des Personalrates gelangt ist. Wegen seiner Außenvertretungsbefugnis muss es also in den „Machtbereich“ der oder des Personalratsvorsitzenden gelangt sein. Die oder der Vorsitzende muss unter normalen Umständen die Möglichkeit haben, davon Kenntnis zu nehmen. Sofern das Zustellungsersuchen der Dienststelle per E-Mail innerhalb der in der Dienststelle üblichen Geschäftszeiten im Postfach des Personalrats eingeht, gilt es als zugegangen (siehe auch BGH, Urteil vom 06.10.2022 – VII ZR 895/21, juris Rn. 19). Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seinem Urteil der herrschenden Meinung angeschlossen, „wonach eine E-Mail im geschäftlichen Verkehr dann dem Empfänger zugehe, wenn sie abrufbereit in seinem elektronischen Postfach eingegangen sei.“

Ausschlaggebend: übliche Dienstzeit

Bei Behörden wird davon ausgegangen, dass sie während der üblichen Geschäfts- bzw. Bürozeiten Kenntnis nehmen können und somit die Nachricht in dem Moment als zugegangen gilt, wenn sie im elektronischen Briefkasten eingegangen ist. Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Empfänger, in diesem Fall die oder der Personalratsvorsitzende tatsächlich Kenntnis genommen hat. Daraus folgt, dass der Zustimmungsantrag der Dienststelle erst dann am nächsten Tag erfolgt ist, wenn der Zeitpunkt des Zugangs nach Dienstschluss liegt. Folgerichtig kommt es also auf die in der Dienststelle üblichen Dienstzeiten an. Unerheblich sind Öffnungszeiten beziehungsweise ob die oder der Personalratsvorsitzende seine persönliche Arbeitszeit innerhalb eines zugebilligten Rahmens individuelle frei gestaltet. Es kommt also allein auf die in der Dienststelle übliche Dienstzeit an, nicht auf die konkreten individuellen Verhältnisse des Empfängers.

Würde der Zugang abgestellt werden auf die konkreten individuellen Arbeitszeiten der Personalratsvorsitzenden oder des Personalratsvorsitzen, wäre der Zugang des Zustellungsantrages und somit der Fristlauf nicht rechtssicher einzuschätzen. Die individuellen Arbeitszeiten können sich ja auch im Laufe der Zeit ändern. Für Dienststellenleitung und Personalrat müssen aber die Uhrzeiten, innerhalb derer ein Zustimmungsersuchen noch am selben Tag als zugegangen gilt, rechtsicher erkennbar sein. Ein sonst absehbarer Streit über Beginn und Ende der Frist zur Zustimmungsverweigerung seitens des Personalrats wird dadurch vermieden. Würde man Mutmaßungen darüber anstellen, zu welchen Zeiten in der jeweiligen Dienststelle noch Beschäftigte anzutreffen sind, gibt dies weder dem Personalrat noch der Dienststellenleitung die notwendige Rechtssicherheit bei der Fristberechnung.

In den Ausführungen des OVG wurde die übliche Dienstzeit mit der Rahmenarbeitszeit gleichgesetzt. An einer konkreten Arbeitszeitregelung wie z. B. Festlegung einer Kernarbeitszeit mangelte es.

Tipp: Um Rechtsicherheit für die handelnden Partner zu schaffen könnte bei einem Mangel an konkreten Arbeitszeitregelungen eine für den Zugang übliche Geschäftszeit mit dem Personalrat vereinbart werden.

Unser Autor:

Helmuth Wolf, eigenständiges Mitglied im dozenten.team. Dozent, Berater, Autor und Mitbegründer des fokus-personalvertretungsrecht.de. Bundesweit schult und berät er regelmäßig Personalräte, Personalverantwortliche sowie Wahlvorstände und verfügt so über eine umfassende Erfahrung in der täglichen Anwendung des Personalvertretungsrechts.