Witwengeld nach nur zweimonatiger Ehedauer – keine Versorgungsehe trotz gesetzlicher Vermutung

Wenn eine Ehe mit einer Beamtin oder einem Beamten zum Zeitpunkt des Todes nicht mindestens ein Jahr bestanden hat, scheidet ein Anspruch auf Witwengeld für den hinterbliebenen Ehegatten grundsätzlich aus (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG). Die Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe konnte jedoch widerlegt werden, so geschehen durch die Richter des VGH Baden-Württemberg mit Urteil vom 15. Juni 2016 (4 S 1562/15).

Ansprüche sollen für eine solche sogenannte Versorgungsehe ausgeschlossen werden, die nur eingegangen wird, damit der Hinterbliebene nach dem Tod des anderen finanziell abgesichert ist. Die Vermutung für das Vorliegen einer Versorgungsehe kann jedoch widerlegt werden. So geschehen durch die Richter des VGH Baden-Württemberg mit Urteil vom 15. Juni 2016 (4 S 1562/15).

Die 35–jährige Klägerin zog im Jahr 1996 mit ihrem 6 Jahre älteren damals bereits Verlobten in eine gemeinsame Wohnung. Dieser war Bundesbeamter und seit 1995 im Ruhestand.  Ende 2012 wurde bei ihm ein bösartiger Tumor in der Speiseröhre diagnostiziert. Nachdem er Anfang 2013 eine Chemotherapie durchgestanden hatte und der Tumor laut Aussage seiner Ärzte rückläufig war, heirateten die Klägerin und der Beamte am 28. März 2013.  Zwei Monate später verstarb der Beamte.

Aufgrund der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe gemäß § 19 Abs.1 Satz 2 Nr. 1 BeamtVG lehnte die Deutsche Telekom AG das beantragte Witwengeld ab. Die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wurde vom Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe bestünde vor allem dann, wenn die Ehe in Kenntnis einer lebensbedrohlichen Erkrankung des Ehepartners geschlossen worden sei.

Der VGH Baden-Württemberg verpflichtete in der nächsten Instanz die Beklagte zur Gewährung des Witwengeldes. Zur Begründung führte er an:

  • Bei einer kürzeren Ehedauer von unter einem Jahr könne die anspruchsausschließende Vermutung durch besondere Umstände des Falles widerlegt werden.
  • Besondere Umstände seien solche, die auf einen anderen Beweggrund der Heirat als den der Versorgungsabsicht schließen lasse, wie z. B. ein Unfalltod.
  • Nach dem inzwischen weniger strengen Maßstab der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts reiche es aus, wenn die Heirat aus wirklichkeitsnahen Gründen nur aufgeschoben, der Heiratsentschluss aber nicht aufgegeben worden sei.
Die Hochzeit war bereits für 2011, also vor der Krebsdiagnose geplant und wurde nur aus familiären Gründen zunächst aufgeschoben. Die Hochzeit erfolgte weiterhin nach Besserung des Gesundheitszustandes des beamteten Verlobten. Wäre es den Eheleuten in erster Linie um die Versorgung der Klägerin gegangen, hätte es nahegelegen, die Hochzeit unverzüglich nach der Krebsdiagnose zu vollziehen. Die Ehe sei jedoch erst im März 2013, als es dem Ehemann gesundheitlich wieder besser ging und eine gute Prognose bestand, geschlossen worden.