Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit ohne Zustimmung des Integrationsamtes

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 7.7. 2022 (Az.: 2 A 4.21) entschieden, dass es zur Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand nicht der Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes bedarf.

Das Schutzniveau des Verfahrens der Zurruhesetzung nach den §§ 44 ff. Bundesbeamtengesetz (BBG) bleibt nach Meinung des Gerichts nicht hinter dem der §§ 168 ff. SGB IX zurück. Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf steht dem nicht entgegen.

In der Begründung macht das BVerwG außerdem deutlich, dass das Beamtenrecht eine entsprechende Anwendung des § 168 SGB IX nicht vorsieht.

Durch die Einschaltung des Integrationsamtes nach § 168 SGB IX soll geprüft werden ob die Kündigung des Arbeitgebers auf Gründen beruht, die durch die Schwerbehinderung bedingt sind. Schwerbehinderte Menschen haben auf dem Arbeitsmarkt geringere Chancen gegenüber nicht behinderten Menschen. Der § 168 SGB IX erzeugt somit eine präventive Schutzfunktion. Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ohne Zustimmung des Integrationsamtes ist nach § 134 BGB nichtig.

Dieser Schutzgedanke ist nach Auffassung des Gerichts für die Zurruhesetzung eines Lebenszeitbeamten nicht von Bedeutung. Durch den § 44 BBG werden nur Beamte auf Lebenszeit erfasst. Wann eine dauernde Dienstunfähigkeit gegeben ist, ist in § 44 BBG konkret beschrieben. Kann die Beamtin/der Beamte zwar nicht mehr voll, aber unter Beibehaltung des übertragenen Amtes mindestens zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit ihre/seine Aufgaben wahrnehmen, ist eine begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen (§ 45 Abs. 1 BBG). Bei vollständiger Dienstunfähigkeit werden die nach dem Bundesbeamtenversorgungsgesetz festzusetzenden Versorgungsbezüge, bei begrenzter Dienstunfähigkeit Teilbesoldung plus Zuschlag gezahlt.

Die Beamtin/der Beamte ist somit – anders als Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer – nicht gehalten, sich auf dem Arbeitsmarkt um eine andere Beschäftigung zu bemühen.

Unser Autor:

Heinz Meise, eigenständiges Mitglied im dozenten.team, Leitender Städtischer Verwaltungsdirektor a.D., Dipl. Verwaltungswirt, Dipl. Kommunalbeamter, Dozent, Berater, Autor und Mitautor des fokus-personalvertretungsrecht.de. Dozent bei Walhalla Seminare, Kommunalen Studieninstituten und der dbb akademie; umfassende praktische Erfahrung im Personalvertretungs- Arbeits- und Dienstrecht aufgrund seiner Tätigkeit als langjähriger Leiter eines Personalamtes und Stadtkämmerer.