Nicht ruhegehaltsfähige Zeiten wegen persönlicher Nähe zum DDR-System

Ein Ruhestandsbeamter bezieht Rente für eine Tätigkeit in der DDR, die ihm aufgrund eines Studienabschlusses an der SED-Parteihochschule „Karl Marx“ übertragen wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun entschieden, dass der Kläger diese Rente auf seine Versorgungsbezüge anrechnen lassen muss.

Nach § 12a Beamtenversorgungsgesetz in Verbindung mit § 30 Bundesbesoldungsgesetz sind Zeiten einer Tätigkeit nicht ruhegehaltfähig, die auf Grund einer besonderen persönlichen Nähe zum System der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik übertragen war. Das Vorliegen dieser Voraussetzung wird nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 Bundesbesoldungsgesetz insbesondere dann widerlegbar vermutet, wenn der Beamte oder Soldat Absolvent der Akademie für Staat und Recht oder einer vergleichbaren Bildungseinrichtung war.

Der 1945 geborene Kläger war seit 1973 in der Zentralen Staatliche Preiskontrolle für Investitionen (ZSPI) des Amtes für Preise, einem Organ des Ministerrats der DDR, tätig. Nach einigen Jahren als persönlicher Mitarbeiter beim Staatssekretär des Amtes für Preise und einem dreijährigen Studium der Gesellschaftswissenschaften an der SED-Parteihochschule „Karl Marx“ beim Zentralkomitee der SED, das er mit dem Diplom abschloss, wurde er 1982 zum Stellvertreter des Leiters der ZSPI ernannt. 1990 wechselte er zum Rechnungshof der DDR und wurde nach der Wiedervereinigung vom Bundesrechnungshof zunächst als Angestellter und schließlich 1994 als Beamter übernommen. Zuletzt bekleidete er das Amt eines Leitenden Regierungsdirektors.

Der Kläger erhält für seine Tätigkeit in der DDR eine gesetzliche Rente von rund 800 Euro. Diesen Betrag brachte die Beklagte bei der Berechnung seiner Versorgungsbezüge in Abzug. Hiergegen wehrte sich der Ruhestandsbeamte mit der Begründung, dass bei ihm keine persönliche Nähe zum System der ehemaligen DDR gegeben wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht folgte dieser Argumentation nicht. Bei der Parteihochschule „Karl Marx“, die unmittelbar dem Zentralkomitee der SED unterstand, handelt es sich um eine Einrichtung nach § 30 Abs. 2 Nr. 4 Bundesbesoldungsgesetz. Sie stellte die höchste Bildungseinrichtung der SED dar und diente der „Kaderauslese“. Es sollten „zuverlässige, disziplinierte und marxistisch geschulte Funktionäre“ aufgebaut werden. Dem Kläger ist es nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen. Allein sein Vorbringen, er sei aufgrund seiner fachlichen Qualifikation ausgewählt worden, genügt nicht.

Nach dem Gesetz werden auch Zeiten vor dem Besuch der Parteihochschule von dem Ausschluss erfasst. Da die Berechnung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit bereits mit dem vollendeten siebzehnten Lebensjahr beginnt, reicht auch der Ausschluss so weit zurück.

Diese Regelung ist auch verfassungsgemäß. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber zur Bewältigung der Folgen der Deutschen Einheit, namentlich zur hier in Rede stehenden Vorschrift des § 30 BBesG, eine besonders weite Typisierungsbefugnis eingeräumt. In diesem Rahmen durfte er auch typisierend annehmen, dass sich die für die Übertragung einer Tätigkeit mit besonderer Systemnähe erforderliche politisch-ideologische Grundeinstellung bereits in Zeiten vor dieser Übertragung herausgebildet hat. Auch vor dem Hintergrund der Verpflichtung zur amtsangemessenen Alimentation ist die gesetzliche Regelung nicht zu beanstanden, weil jedem Ruhestandsbeamten nach dem Gesetz zumindest die Mindestversorgung verbleibt. Im konkreten Fall liegen die Gesamtbezüge des Klägers sogar etwas höher.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 5/2017 vom 2. Februar 2017