Dienstliche Beurteilung nur auf der Grundlage eines Gesetzes
Für dienstliche Beurteilungen reichen Verwaltungsvorschriften nicht aus, so entschied kürzlich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).
Die grundlegenden Vorgaben für dienstliche Beurteilungen von Beamtinnen und Beamten müssen wegen ihrer entscheidenden Bedeutung für Auswahlentscheidungen in einem Gesetz geregelt sein, so die Richter.
Für dienstliche Beurteilungen reichen Verwaltungsvorschriften nicht aus, so entscheid kürzlich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG).
Anlassbeurteilung sämtlicher Stellenbewerber durchgeführt
Im konkreten Fall hatte sich eine Beamtin (Klägerin) im Dienst einer Stadt in Rheinland-Pfalz (Beklagte) im März 2015 für zwei Leistungsstellen beworben. Die Dienststelle hatte vorab für alle Bewerberinnen und Bewerber Anlassbeurteilungen erstellt. Dabei erlangte die Bewerberin die zweithöchste Bewertung B („übertrifft die Anforderungen“). Bei der Beurteilung der Befähigung erhielt die Klägerin 15 Mal die zweithöchste der fünfstufigen Skala (II – stark ausgeprägt) und zweimal die dritthöchste Bewertung (III – normal ausgeprägt).
Kein Gesamturteil und auch kein zusammenfassendes Urteil
Die durchgeführte dienstliche Beurteilung beinhaltet aber weder ein Gesamturteil für die Befähigung noch ein zusammenfassendes Urteil der Leistungsbeurteilung und der Befähigung. Die Bewerberin wurde bei beiden Auswahlentscheidungen nicht berücksichtigt; die von der Klägerin geführten Konkurrentenstreitverfahren blieben erfolglos. Die Klägerin wandte sich anschließend wegen verschiedener Gründe gegen die Anlassbeurteilung. Und hatte damit vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz - 2 A 10197/19.OVG). Sie legte Revision vor dem BVerwG ein.
BVerwG: erneute Beurteilung vornehmen
Das Bundesverwaltungsgericht hat nun das Berufungsurteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts erneut dienstlich zu beurteilen.
Keine ausreichende Rechtsgrundlage für Beurteilungen in Rheinland-Pfalz
Dienstliche Beurteilungen erfolgen in Rheinland-Pfalz nach dem Landesbeamtengesetz und der darauf gestützten Laufbahnverordnung auf der Basis von Vorgaben, die in Verwaltungsvorschriften geregelt sind. Im Ergebnis existiert daher in Rheinland-Pfalz auf der Ebene bloßer Verwaltungsvorschriften eine Vielzahl unterschiedlichster Vorgaben für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen von Beamten. Nach der Rechtsauffassung des BVerwG ist dies rechtlich unzureichend.
Dienstliche Beurteilungen haben gravierende Bedeutung
Dienstliche Beurteilungen sind Grundlage für die Auswahlentscheidungen nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG (Leistungsprinzip als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums). Insofern bedarf es für die grundlegenden Vorgaben für die Erstellung von dienstlichen Beurteilungen Rechtsnormen. Der Gesetzgeber muss das System - Regelbeurteilungen oder Anlassbeurteilungen - sowie die Bildung eines Gesamturteils vorzugeben.
Andere Regelungen, wie die zeitliche Abfolge von Regelbeurteilungen, der Inhalt der zu beurteilenden Einzelmerkmale von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung, der Beurteilungsmaßstab oder Vorgaben für die Vergabe Noten (Richtwerte), können dabei Rechtsverordnungen überlassen bleiben.
Bestehende Rechtslage in Rheinland-Pfalz vorübergehend hinzunehmen
Diese unzureichende Rechtslage in Rheinland-Pfalz sei, so das BVerwG, jedoch nur für einen Übergangszeitraum hinzunehmen und nur unter der Maßgabe, einen der verfassungsgemäßen Ordnung noch ferneren Zustand zu vermeiden.
Beurteilung nur mit Gesamtergebnis möglich
Da nun dienstliche Beurteilungen so ein hohes Gewicht haben und einschneidendes Instrument sind, müssten sie mit einem Gesamtergebnis abschließen. Denn die Auswahlentscheidung knüpfe an das abschließende Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung an, das anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte gebildet worden ist. Art. 33 Abs. 2 GG gibt die Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung vor; der Gesetzgeber und erst recht die Exekutive seien nicht befugt, eines dieser drei Merkmale bei der Bildung des abschließenden Gesamturteils unberücksichtigt zu lassen.
Daher müsse das Gesamturteil sämtliche vom Dienstherrn bewertete Einzelmerkmale der drei Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfassen. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Anlassbeurteilung nicht gerecht.
Quelle: BVerwG, Urt. v 07.07.2021 – Az: BVerwG 2 C 2.21